Profis. Ein Rundumschlag

Profidenke: Ein Thema für sich. Ein Thema für mich? Das zuallermindest. Gemessen an meinen schon zahlreichen Notizen dazu, die hier einfach einmal versammelt seien.


 

Nein, was Friseure können, können nicht nur Friseure. Nein, auch Stadtwerke sind nicht per definitionem unfähig zu witzigen Kampagnen. Nein, es ist nicht unmöglich, auch als Jobstudent vernünftig zu bedienen statt mit dreijähriger Kellnerausbildung.

Auf Profitum beharren und zwar wider besseres Wissen: Das sehe ich auch beim Texten, und da sogar besonders leicht erklärbar: Mit großer Geste wies einmal eine Kollegin im Texterbüro eine Onlineplattform für Texterdienste von sich, insbesondere dort verfasste Texte als Bewerbungsreferenz. Solche Internetdienste sind in der Tat Beispiel für ein anderes Phänomen unserer Zeit, nämlich das (netzgestützte) Dumping. Mangelnde Fachlichkeit aber gleichzusetzen mit fehlender Qualität, das ist: Wunschdenken. Wunschdenken von Kellnern, Textern, Handwerksmeistern, die via „FACHMANN!“-Label Platzhirsch bleiben wollen.

Logisch kann es selbstverständlich kein Qualitätskriterium für einen Text sein, wo er entstanden oder erschienen ist. Die Ablehnung zeigt daher umso klarer die freilich schiefe Vehemenz: Besonders bei Diensten, die faktisch und ganz unbetreitbar eben doch auch von „Ungelernten“ übernommen werden könnten, ist das Beharren so verständlich – und so durchsichtig. Profis beharren auf Profitum weil sie Felle davonschwimmen sehen. Nicht weil es sachlich nötig wäre.


 

Die eher hausaufgabenmäßigen unter meinen Zeitungsterminen SIND überhaupt die professionellen, oder? Passt übrigens: Schüler sein ist ja auch eine Profession.


 

Dass professionelle Bühnen etwas völlig anderes tun als Privattheater, ist nicht so sehr Tatsache, aber eine wichtige Setzung. Was etwa in Endproben an sozialen Prozessen stattfinden kann, unterscheidet sich einfach nicht anhand der Organisationsform (Sttathstheater? Unitruppe? Boulevardbühne?) Die dennoch wichtige Setzung kommt vom Selbstverständnis, dass nur öffentliche Theater nach Gutdünken KUNST MACHEN können, weil sie nicht nur vom Gefallen leben. Als Bekenntnis zum Konzept Stadttheater ist diese Setzung wertvoll, bloß entspringt sie mehr einem Beschluss als den Umständen. Rundheraus Ähnlichkeiten zu leugnen, ist realitätsfern, dafür aber menschlich und idealistisch.


 

Nichtfachlichkeit mögen. Briefträgerinnen etwa, deren Körperhaltung zu sagen scheint: „Doll find ich das nicht, hier den Handkarren mit den Umschlägen oder was durch die Gegend zu schieben. Aber muss ja, irgendwas.“ Und eben grad vom stolzen Gestus genervt sein, mit dem sich Vollblutler in die Brust werfen:

© Was XYler können, können nur XYler!

© Dienstliche Kassierermiene solange sich Kunde nähert – ist ja Gegenseite!

© Zahnpastagrinsen als part of the job – abstellen sobald Feierabend!

© Als Marketingexperte sage ich euch…!

Irgendwer mit etwas Durchblick, Händchen für Bedarf x reicht oft einfach. Bietet freilich Menschen, die für sich selbst eine Rolle brauchen und das ausgerechnet beim Broterwerb mitabdecken wollen, nicht so schön Gelegenheit zur Selbstprofilierung.


 

Nicht nur Kellner und Friseure: Wer Profidenke doof findet, sollte auch vor dem „eigenen Metier“ nicht haltmachen. Zwischen einem aus Pflicht zusammengeschusterten Artikel und einem guten Leserbrief ist äußerlich der einzige Unterschied, dass es für den ersten Geld gibt. Sonst ähneln sie sich zuweilen wie ein Ei dem anderen.

Passt übrigens: IM GRUNDE SIND PROFIS BIOHÜHNER. Denn der Unterschied ist vor allem auf Produzentenseite interessant: Biohühner kriegen zwar kein Honorar, aber idealerweise erträgliche Lebensbedingungen. Das aber ihre Eier für den Esser gesünder sind und Profitexte für den Leser ertragreicher, ist weniger Fakt als Wunsch; daran muss man schon ein bisschen glauben.


 

Professionell hat zwei Bedeutungen: ICH HAB KRASSE SKILLS. Und: ICH BRAUCHE IHR GELD. Beides mag oft zusammenkommen, aber es sind einfach zwei verschiedene Dinge.

Über martinhagemeyer

"artikuliert": Ideen, geäußert und / oder zu Artikeln gemacht. Das habe ich jedenfalls vor.
Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Profis. Ein Rundumschlag

  1. Pingback: Under construction, Lesen verboten (na nicht ganz:-) | artikuliert

Hinterlasse einen Kommentar